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| Wirth * | 
Christian Wirth wurde am 
24. November 1885 in 
Oberbalzheim, 
(Württemberg) geboren. Er war zuerst Tischler, ab 1910 Polizist. Am 1. Weltkrieg nahm er als Soldat teil. Ab 
1917 war er bei der Militärpolizei. Nach dem Krieg war er einige Jahre als 
Bauunternehmer tätig, wechselte in den 
30er Jahren aber zur Kripo 
Stuttgart (Mordkommission), wo er sich durch seine brutalen Verhöre hervortat.
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| Wirths SS-Personalbogen * | 
Wirth war Mitglied der NSDAP (
1931), SA (
1933), 
SD (
1937) und SS (
1939 / Mitgliedsnr. 345.464). Bereits 
Ende 1922 war er zum ersten Mal in die NSDAP eingetreten.
1939 wurde er zum Kriminalkommissar bei der Kripo 
Stuttgart befördert. 
Als Kriminaloberkommissar der Polizei und SS-Obersturmführer trat er im 
Oktober 1939 in die 
T4-Organisation ein und nahm seine Tätigkeit an der 
Euthanasie-Anstalt 
Grafeneck 
Grafeneck auf.  
In 
Grafeneck traf Wirth auf 
Josef Oberhauser. 
Dieser arbeitete im Anstalts-Krematorium und wurde später sein Adjutant in den Vernichtungslagern der 
Aktion Reinhard. 
Kurt Franz, späterer Kommandant von 
Treblinka, war Küchenchef in 
Grafeneck.
Um die 
Jahreswende 1939/40 wurde Wirth nach 
Brandenburg versetzt, wo ein Teil 
des ehemaligen Zuchthauses in eine Euthanasie-Anstalt umgebaut worden war. Dort richtete er den Bürobetrieb ein
und leitete die erste Probevergasung, bei der geisteskranke Zuchthäusler mit CO-Gas umgebracht wurden.
Philipp Bouhler und 
Viktor Brack, beide von
der KdF (Kanzlei des Führers), beobachteten die Vergasung. 
Bouhler machte
daraufhin den Vorschlag, die künftigen T4-Gaskammern als Duschräume zu tarnen.
Kurze Zeit später kehrte Wirth nach 
Grafeneck zurück und wurde 
Mitte
1940 zum Inspekteur aller Euthansie-Anstalten in Deutschland und Österreich ernannt. Danach leitete er das
"Standesamt" der Euthanasie-Anstalt 
Hadamar.
Franz Stangl, späterer Kommandant von 
Sobibor und 
Treblinka, traf
Wirth zuerst in der Euthanasie-Anstalt
Hartheim. In einem Interview (
1971) 
mit 
Gitta Sereny sagte er, dass "Wirth ein ordinär aussehender 
Mensch mit einem rot unterlaufenen Gesicht" war, und sein Mut sank, als er ihn zum ersten Mal sah. 
Im 
Juli 1941 schickten ihn 
Brack und 
Bouhler 
nach 
Lublin um ein neues Euthanasie-Zentrum einzurichten, 
das erste außerhalb des "Reiches". Das Projekt wurde allerdings nicht verwirklicht.
Wirths Aktivitäten in dieser Zeit sind ungeklärt. Kurz vor 
Weihnachten
1941 tauchte er jedoch in 
Belzec auf, einem kleinen Dorf in der südöstlichen Ecke 
des "Generalgouvernements". Mit ihm zusammen kam eine kleine Gruppe ehemaliger T4-Männer dort an. 
Erich Fuchs, Fahrer und Kfz-Mechaniker, sagte aus: 
"
Eines Tages, im Winter 1941/42, stellte Wirth einen 
Transport zusammen. Ich wurde
zusammen mit 8-10 Männern ausgesucht und in einem von drei Lastwagen nach 
Belzec gebracht. In meiner Gruppe
waren Borowski, Niemann, Graetschus und Barbel."
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| Wirth * | 
Wirth war der erste Kommandant von 
Belzec. Er sagte den SS-Männern, dass
in 
Belzec alle Juden umgebracht werden sollten. Viele SS-Männer in 
Belzec nannten ihn "Christian den Grausamen".
SS-Mann 
Ernst Zierke: "Wirth ging über Leichen."
In 
Belzec entwickelte Wirth die Struktur des Lagerpersonals und die brutale
Methode, wie die Massenvergasungen auszuführen seien. 
Josef Oberhauser 
sagte über ihn, dass er sich durch eiserne Härte, bedingungslosen Gehorsam, Glaube an den "Führer",
absolute Herzlosigkeit und Unbarmherzigkeit auszeichnete.
Wirth suchte persönlich 80-100 junge und kräftige Männer aus
den ersten Transporten aus, die den Kern des zu bildenden jüdischen Arbeitskommandos bildeten. Ein jüdischer
Kommadoführer und zwei jüdische "Oberkapos" leiteten es und beaufsichtigten die einzelnen Arbeitsbrigaden,
die auch von wechselnden "Kapos" angeführt wurden.
Wirth instruierte die "Kapos" über die Pflichten der Arbeitsbrigaden und ihre
Rolle im Vernichtungsprozess. In den ersten Tagen des Lagers begrüßte 
Wirth die eingetroffenen Juden auf der Rampe und teilte ihnen mit, dass sie vor
der weiteren Umsiedlung erst einmal ein Bad nehmen müssten. Oft klatschten die neu Eingetroffenen Beifall.
SS-Mann 
Kurt Gerstein, Abteilungsleiter "Technische Desinfektion in der
Gesundheitstechnik" der Waffen-SS, besuchte 
Belzec im 
Spätsommer 1942 auf Anordnung von  
SS-Sturmbannführer 
Günther. Er sollte eine Methode entwickeln zur
Desinfektion der anfallenden Kleidung und zur Verbesserung der Vergasungsmethode (Blausäure oder CO-Gas bzw. 
Abgase von Motoren).
Im 
Mai 1945 beschrieb 
Gerstein den Vernichtungsprozess: 
"
Ein Transport mit Juden aus 
Lviv (Lwow / Lemberg) kam in 
Belzec 
an und wurde nach den Gaskammern geschickt. Wirth, auf der Rampe stehend, peitschte einer etwa 40jährigen Jüdin
5 oder 6mal ins Gesicht und jagte sie in die Gaskammer. SS-Unterscharführer 
Hackenholt versuchte den Dieselmotor (?) zu starten, er sprang aber nicht an. 
Kommandant Wirth kam vorbei. Er wurde ärgerlich und verpasste dem Ukrainer, der 
Hackenholt half, 11 oder 12 Schläge mit der Peitsche ins Gesicht. Nach
2 Stunden und 49 Minuten sprang der Dieselmotor (?) an...
Hauptmann Wirth bat mich, in Berlin keine Änderungen seiner Anlagen 
vorzuschlagen und alles so zu lassen, wie es wäre und sich bestens eingespielt und bewährt habe. Die 
Blausäure habe ich unter meiner Aufsicht vergraben lassen, da sie angeblich in Zersetzung geraten sei."
Einer der wenigen Überlebenden von 
Belzec, 
Rudolf Reder, begegnete 
Wirth auch. Er beschrieb ihn als einen großen, breitschultrigen Mann,
Mitte 40 und mit einem ordinären Gesicht. Ein geborener Krimineller, "die extreme Bestie".
Die ukrainischen 
Trawniki-Männer bezeichneten Wirth als "Stuka", 
denn so wie diese berüchtigten Sturzkampfbomber der Luftwaffe tauchte auch 
Wirth gern aus dem Nichts auf, um schreiend Angst und Schrecken unter der
SS-Lagermannschaft zu verbreiten. Bei den anschließenden Disziplinierungsmärschen außerhalb
des Lagers lief er vorweg, gefolgt von 
Niemann, Oberhauser, Schwarz und Franz. 
Chaim Hirszmann gab an, dass sämtliche Kinder und Säuglinge eines 
Transportes noch lebend in einer großen Grube vergraben worden sind.
Als die Aktion Reinhard auf Hochtouren lief, zeigte sich Wirths Brutalität
mehr und mehr. Der SS-Mann 
Werner Dubois, der in 
Belzec und 
Sobibor "tätig"
war, sagte aus:
"Wirth war mehr als brutal. Meiner Meinung nach entsprang seine Brutalität
mehr seiner Natur als seiner politischen Einstellung. Er brüllte, schrie und bedrohte uns, und schlug Männer
der deutschen Lagerbesatzung ins Gesicht. Außer 
Oberhauser gab es keinen
in 
Belzec, der nicht vor Wirth Angst hatte."
Als 
Oberhauser im 
Juni 1942 nach 
Belzec zurück kam, fand er das Lager in
einem ungeordneten Zustand vor. Nur etwa 20 Ukrainer waren noch dort, befehligt von SS-Scharführer 
Feix. Wirth war verschwunden. 
Oberhauser gab an:
"
Ich entdeckte, dass Wirth über Lemberg und 
Krakau nach Berlin abgereist
war, ohne 
Odilo Globocnik darüber zu informieren. Dieses Verhalten zeigt, dass
er Globocnik nicht als seinen Vorgesetzten betrachtete, zumindest nicht zu
diesem Zeitpunkt."
Der Grund für seine plötzliche Abreise von 
Belzec ist nie befriedigend erklärt worden. 
Möglicherweise wurde er nach 
Berlin zitiert, um Instruktionen für die anstehende Hauptphase der Aktion
Reinhard entgegen zu nehmen. 
Am 
1. August 1942 übernahm SS-Obersturmführer 
Gottlieb Hering, Wirths Polizeikollege seit mehr als 20 Jahren, das Kommando in 
Belzec.
Wirth wurde von 
Globocnik zum 
"Inspekteur der SS-Sonderkommandos Aktion Reinhard" ernannt. Er bezog zwei Räume im 
Hauptquartier der Aktion Reinhard, der 
Julius Schreck Kaserne in 
Lublin.
Wirths erste und wichtigste Aufgabe war nun die Neuordnung des Lagers
Treblinka, dessen Vernichtungsmaschinerie aufgrund des inkompetenten Kommandanten Dr.
Irmfried Eberl zusammengebrochen war. Wirth 
traf am 
19. August 1942 in 
Treblinka ein. Er zog 
Franz Stangl aus 
Sobibor ab und
übertrug ihm die Leitung des Lagers. Gleichzeitig reorganisierte er den gesamten Ablauf des Tötens, 
entsprechend seiner in 
Belzec gemachten Erfahrungen. 
Globocnik befahl die
Einstellung aller Deportationstransporte aus dem 
Warschauer Ghetto, um durch 
diese Pause die Neustrukturierung des Lagers und die Beseitigung der Leichenberge zu ermöglichen. Er befahl 
die Vergrößerung der Tötungs-Kapazität und trug Wirth auf, sich sofort zu melden, wenn das
Lager weitere Transporte aufzunehmen bereit war.
Wirth ordnete den Bau größerer Gaskammern an. 
Hackenholt, der von Wirth aus 
Belzec 
geholt worden war, entwickelte die Pläne. 
Erwin Lambert, der T4 
Gaskammer-Baumeister, verwirklichte sie und ließ (höchstwahrscheinlich) zehn größere
Gaskammern bauen.
Nachdem 
Treblinka wieder funktionierte, besuchte Wirth das Lager 
Sobibor.
Auch hier gab es "Kapazitätsprobleme". Er übertrug wiederum 
Hackenholt 
und 
Lambert den Bau größerer Gaskammern.
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| Wirths Haus im Flugplatz-Lager | 
Im 
Dezember 1942 wurde Wirth mit dem Bau und der Leitung von Zwangsarbeitslagern
für die 
DAW (Deutsche Ausrüstungswerke im Distrikt Lublin) beauftragt. Kurz vor 
Weihnachten 1942 bezog er ein zweistöckiges Haus an der 
Chelmska-Straße in 
Lublin, an der nordwestlichen Ecke des 
aufgegebenen Flugplatzes. Die Räume im Erdgeschoss wurden als Büros von Wirth, 
Oberhauser, Hausler und einigen Sekretärinnen genutzt. Im Obergeschoss 
befanden sich Wirths Wohnräume sowie ein Speisesaal.
Hier, im 
"
Flugplatz-Lager", wurden drei Hangars als Depot und Sortierplatz 
für die Berge von Kleidung, Wertsachen und sonstigen Habseligkeiten der während der Aktion Reinhard 
ermordeten Juden benutzt. In etlichen Baracken und Werkstätten schufteten Juden für den SS-Betrieb 
Bekleidungswerke der Waffen-SS, Außenstelle Lublin. Etwa 50 m hinter 
Wirths Haus befand sich ein SS-Produktionsbetrieb für Dachpappe. Der 
SS-Mann 
Erich Bauer sagte aus, wie die dort arbeitenden Juden behandelt wurden:
"
Ich habe selbst gesehen und kann mich sicher erinnern, wie die dort 
arbeitenden Juden den frischen, heißen Teer
mit bloßen Händen auf die Pappe streichen mussten. Ich sah auch, wie sich das rohe Fleisch von ihren
Fingern löste, so dass die nackten Knochen zu sehen waren. Ich bin überzeugt, dass all diese Menschen
an ihren schweren Verbrennungen gestorben sind. Ich kann mich an diese Arbeit mit der Dachpappe gut erinnern,
weil ich mich damals so darüber aufregte und Wirth mir deswegen mit seiner
Peitsche ins Gesicht schlug."
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| Wirths Begräbnis * | 
Im 
Juni 1943 wurde Wirth 
zum SS-Sturmbannführer vorgeschlagen, im 
Sommer 1943 befördert.
Nach dem Aufstand in 
Treblinka (
2. August 1943) fuhren 
Globocnik, Stangl und Wirth 
zusammen mit anderen SS-Männern der Aktion Reinhard in einem Lastwagenkonvoi nach 
Triest in Italien.
Dort bezog Wirth sein Hauptquartier in der 
Via Martine. Ein KZ wurde in
der alten Reismühle von 
San Sabba eingerichtet. 
Lambert baute 
eine kleine Gaskammer und ein Krematorium, worin die verbliebenen Juden in der Region 
Trieste vernichtet werden sollten.
Wirth kehrte vorübergehend im 
November 1943 nach 
Lublin zurück.
Dort beteiligte er sich an der endgültigen Vernichtung der jüdischen Zwangsarbeiter in den Lagern des
Distrikts 
Lublin, der 
"
Aktion Erntefest". 
Sporrenberg, 
Nachfolger von 
Globocnik als "HSSPF Lublin", gestand in Nachkriegs-Verhören, 
dass Wirth von 
Globocnik als Leiter der Aktion
eingesetzt worden war.
Am 
26. Mai 1944* wurde Wirth durch 
jugoslawische Partisanen im Straßenkampf 
tödlich verwundet. 
Franz Stangl 
sagte später aus, dass er Wirths Leiche gesehen hätte. Wirth wurde auf dem deutschen Soldatenfriedhof in 
Costermano bestattet. 
	 
Fotos:
GFH 
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Tregenza Sammlung 
*
Gedenkstätte Grafeneck 
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Axis History Forum 
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Quellen:
Michael Tregenza: 
Belzec Death Camp. Wiener Library
Michael Tregenza: 
Zeszuty Majdanka, Lublin 1992&1993 
 
Routledge: 
Who’s Who in Nazi Germany
Gitta Sereny: 
Into that Darkness
Arad: 
Belzec, Sobibor, Treblinka
Personal File of Christian Wirth - BDC  
Thomas Stöckle: 
Grafeneck 1940
© ARC 2005