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Odilo Globocnik

Letztes Update 26. März 2006

Globocnik
Odilo Globocnik wurde 1904 in Triest (Italien) als Sohn österreichisch-slowenischer Eltern geboren. Der Vater war ein habsburgischer Kavallerie-Leutnant, später Postbeamter. Die Mutter stammte aus Ungarn. Globocnik hatte teilweise deutsche Vorfahren; beide Großmütter hatten deutsche Namen. Die Familie zog von Triest nach Klagenfurt (Österreich). Laut eines 1935 erstellten Berichtes der Präfektur von Triest geschah dies 1923.
In seinem SS-Personalbogen gab Globocnik an, Bauleiter zu sein. 1931 trat er der österreichischen Nazi-Partei bei (Mitgliedsnummer 442.939), am 1. September 1934 der SS (Mitgliedsnummer 292.776).
Wegen seiner illegalen pro-Nazi Aktivitäten in Österreich wurde er vor 1931 mehrmals zu Haftstrafen verurteilt. Seine Rolle bei der Ermordung des jüdischen Juweliers Norbert Futterweit im Juni 1933 ist ungeklärt. Futterweit wurde durch ein von Nazis unternommenes Bombenattentat in Wien getötet. Vor dem "Anschluss" Österreichs im Jahre 1938 war Globocnik eifrig bemüht, diverse nationalsozialistische Aktivitäten in Österreich zu unterstützen. 1936 wurde er Gauleiter von Kärnten, und als SS-Standartenführer am 28. Mai 1938 Gauleiter von Wien. Er spielte eine wichtige Rolle beim "Anschluss" Österreichs. Dafür nahm er in Hitlers Reichskanzlei persönliche Instruktionen entgegen.
Weil er in kriminelle Devisengeschäfte verwickelt war, Geheimkonten für erpresstes jüdisches Geld einrichtete und schlampig mit Parteigeldern umging, wurde er 1939 seines Postens enthoben, jedoch am 9. November desselben Jahres von Heinrich Himmler zum SS- und Polizeiführer für den Distrikt Lublin ernannt. Als SS-Brigadeführer und Generalmajor residierte Globocnik nun als mächtigster Mann Lublins in einer Villa in der Wieniawska-Straße und genoss seinen extravaganten Lebensstil. Er umgab sich mit einer Reihe alter Kumpanen aus Kärnten, um Himmlers Befehle für die Aktion Reinhard auszuführen.
Im Rahmen der Aktion Reinhard wurden etwa 1,7-1,8 Millionen Juden ermordet und jüdisches Vermögen im Wert von ca. 178 Millionen Reichsmark geraubt. Wertsachen, Kleidung, Haare der Opfer etc. wurden von den Lagern via Lublin nach Deutschland geschickt.

Globocnik war verantwortlich für alle SS- und Polizeiangelegenheiten in Lublin. Darüber hinaus wurde er von Himmler im Juli 1941 auch zum Generalbevollmächtigten für die Planung und Einrichtung von SS- und Polizeistützpunkten in den besetzten sowjetischen Gebieten ernannt. Seine Standortkommandeure wurden: Georg Michalsen (für Riga), Kurt Classen (Bialystok und Minsk), Hermann Höfle (Mogilew), Richard Thomalla (Starakonstantinow, Zwiahel und Kiev). Hermann Dolp war ebenfalls wesentlich an der Errichtung der Stützpunkte in Minsk und Mogilew beteiligt. Globocnik und diese fünf SS-Offiziere spielten ein Jahr später eine führende Rolle bei der Aktion Reinhard.

Globocnik war auch verantwortlich für
- die endgültige Liquidierung der Ghettos in Warschau und Bialystok
- die Umsiedlung einer großen Anzahl von Polen (besonders im Gebiet um Zamosc)
- die Ostindustrie GmbH ("Osti"), in deren Betrieben jüdische Zwangsarbeiter für die SS schufteten
- ein Netzwerk von Zwangsarbeitslagern im Bezirk Lublin, in denen 45.000 Juden gefangen gehalten wurden. Die größten waren Poniatowa, Trawniki und das KZ Majdanek.

Globocnik zeichnet Hackenholt aus
Globocnik zeichnet
Hackenholt aus
Als die Aktion Reinhard im Oktober 1941 beschlossen wurde, sprach Globocnik öffentlich davon, dass nach der "Umsiedlung" der Juden des Generalgouvernements die polnische Bevölkerung ebenfalls weiter nach Osten verschoben werden sollte, und dies im Bezirk Lublin zuerst stattfinden sollte. Deutsche, hauptsächlich aus Bessarabien und der Bukowina, sollten dann den Platz der Polen einnehmen. Dieses Konzept war Teil eines umfangreicheren Planes zur Umsiedlung slawischer Nationen bis östlich des Urals ("Generalplan Ost"). Das Gebiet um Zamosc wurde von Himmler und Globocnik als Erprobungsgebiet dafür ausgewählt. So wurden zwischen 1942 und 1943 110 Dörfer dieser Region umgesiedelt, was oft mit Massenexekutionen verbunden war.
Etwa 50.000 polnische Kleinbauern wurden in Durchgangslager in Zwierzyniec und bei Zamosc eingeliefert, später nach Auschwitz, Majdanek und Arbeitslagern in Deutschland deportiert. Mit Hilfe des polnischen Widerstandes konnten tausende vorher noch in die Wälder entkommen. Viele Dörfer wurden völlig zerstört. Als Folge dieser Aktion erhielt die Widerstandsbewegung großen Zulauf, und die Wirtschaft im Distrikt Lublin brach praktisch zusammen.
Globocniks Kompetenzen überschnitten sich teilweise mit denen des Zivilgouverneurs in Lublin, Ernst Zörner. Dieser wurde daraufhin von Himmler am 10. April 1943 nach Deutschland versetzt, so dass Globocnik von nun an freie Hand hatte für die Durchführung der Aktion Reinhard.

Die Aktion Reinhard wurde unter der Leitung Globocniks mit größter Brutalität durchgeführt. Mit voller Rückendeckung durch Himmler konnte er die von ihm gut geheißenen rassischen Ziele der Nazis in "seinem" Generalgouvernement realisieren.
Fast zwei Millionen Juden wurden ermordet und vorher ihres Vermögens beraubt, dessen Erlöse der deutschen Staatsbank zuflossen.

Selbstmord in Paternion
Selbstmord in Paternion
Globocnik in Triest
Globocnik in Triest
Zwei Monate vor Ende der Aktion Reinhard wurde Globocnik am 13. September 1943 zum HSSPF Adriatisches Küstenland ernannt und erhielt seine Versetzung nach Triest (Italien), zusammen mit den meisten Männern der Aktion Reinhard. Himmler benötigte ihn und seine Vernichtungsexperten zur Partisanenbekämpfung im Grenzgebiet zu Jugoslawien (Istrien). Dort leitete Globocnik die "Aktion R", die sich neben der Partisanenbekämpfung auch der Vernichtung der dort lebenden Juden widmete. Später leitete er den von Hitler befohlenen Bau von militärischen Stellungen in Norditalien.

Im Oktober 1944 heiratete er Lore Peterschinegg, Leiterin des kärntner BDM (Bund Deutscher Mädel). Dem ging eine Beziehung zu Irmgard Rickheim in Lublin voraus.
Gegen Ende des Krieges in Norditalien verließ er Triest und bevorzugte den noch sicheren Ort Cividale. Immer vor der anrückenden Front zurückweichend, gelangte er schließlich über den Alpenhauptkamm nach Klagenfurt (Kärnten). Auf der Möslacher Alm am Weissensee wurde er am 31. Mai 1945 von britischen Truppen festgenommen, zusammen mit Höfle, Lerch und Michalsen. Man brachte die Gruppe in die nahe gelegene Stadt Paternion, wo Globocnik sich nach dem ersten Verhör am selben Tag um 11:30 Uhr mit Zyankali vergiftete. Er starb außerhalb des Gefängnisses, etwa 100 m entfernt vom Schloss in Paternion. Seine Leiche wurde fotografiert, zusammen mit Höfle, Lerch, und Michalsen.

Siehe Auschwitz-Kommandant Höß' Gedanken über Globocnik!

Fotos:
USHMM *

Quellen:
Joseph Poprzeczny: Odilo Globocnik
Siegfried J. Pucher: "... in der Bewegung führend tätig". Odilo Globocnik - Kämpfer für den "Anschluß", Vollstrecker des          Holocaust, Klagenfurt 1997
Gerard Reitlinger: The Final Solution
Die Enzyklopädie des Holocaust
Majdanek 1941-1944, Ed. by T. Mencel, Lublin 1991.

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